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ArtSearch 2024: International Symposium on Artistic Research, Tag 1

24. Oktober 2024 // 13:30 -22:00

Das ligeti zentrum richtet vom 24. bis 26. Oktober 2024 das dritte internationale ArtSearch Symposium aus. Dazu laden wir Künstler:innen und Forscher:innen aus aller Welt ein, sich zu bewerben und teilzunehmen. ArtSearch 2024 widmet sich dem Thema Künstliche Intelligenz (KI) im Kontext der künstlerischen Forschung und beleuchtet es aus unterschiedlichen Perspektiven.

Ein Schwerpunkt liegt auf der Diskussion über den Umgang mit KI als Werkzeug für Künstler:innen. Gleichzeitig werden Beiträge zu KI als „künstlerischer Intelligenz“ im Sinne eines kritischen und affirmativen Ansatzes präsentiert. Dabei sollen folgende Fragen Beachtung finden: Wo kann KI sinnvoll eingesetzt werden? Wo sollte sie mit künstlerischen Mitteln hinterfragt werden? Wo könnte möglicherweise ein sorgloser Umgang mit ihr aufgedeckt werden? Zudem wird diskutiert, ob „künstlerische Intelligenz“ in bestimmten Fällen notwendig sein könnte, um den Einsatz anderer Technologien zu vermeiden.
Darüber hinaus widmet sich das Symposium weiteren zentralen Aspekten der KI: Welche Erkenntnisse lassen sich in Bezug auf die Nachhaltigkeit von KI und den dafür benötigten Rechenzentren gewinnen? Wie können gesellschaftskritische Fragen und Stereotypen des maschinellen Lernens und der KI beleuchtet werden? Dabei stehen Themen wie Diskriminierung und Machtstrukturen im Fokus, die den Einsatz von KI prägen.
ArtSearch wurde 2016 an der HfMT Hamburg ins Leben gerufen und fand 2020 zum zweiten Mal statt. Das dritte Symposium im Jahr 2024 soll erneut Wissenschaftler:innen und Künstler:innen zusammenbringen, um aktuelle Entwicklungen in der künstlerischen Forschung zu diskutieren.

Programm am Donnerstag, 24.10.2024
13:30 Uhr: Willkommen | Konferenzraum
Jan Philipp Sprick, Präsident der Hochschule für Musik und Theater und Georg Hajdu begrüßen die Teilnehmenden.
14:00 Uhr: Keynote - Axel Dürkop | Konferenzraum
Die verborgenen Risiken und möglichen Chancen der KI: Wie können Aspekte der KI und Nachhaltigkeit das künstlerische Schaffen inspirieren? Künstliche Intelligenz (KI) könnte das Klima retten, die Energiewende vorantreiben, die Wirtschaft ankurbeln, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen deutlich verbessern und kreative und künstlerische Prozesse fördern. Gleichzeitig verbrauchen aktuelle KI-Ansätze große Mengen an Energie und Ressourcen, die Lebens- und Arbeitsbedingungen vieler Menschen in KI-Entwicklungsprozessen sind unmenschlich und digitale Datensätze werden zum Training von KI-Systemen ohne Zustimmung und Entschädigung der Schöpfer:innen verwendet. Viele ungelöste Probleme werfen Fragen der Ethik und Nachhaltigkeit auf. Wie kann die Kunst hierauf reagieren? Brauchen wir eine neue Kunst der Gerechtigkeit, die den Diskurs um KI kritisch begleitet?

Axel Dürkop. Philosoph, Theatermacher, Softwareentwickler. „Für eine offene und demokratische Gesellschaft gestalte ich aktiv freie Software, partizipative Bildung und ein unabhängiges Internet aus informatischer, philosophischer und künstlerischer Perspektive durch Code, Text und Veranstaltungsformate.“

15:00 Uhr: Paper Session 1 | Konferenzraum
15:00 Uhr: Jan Philipp Sprick – Künstlerische Forschung im aktuellen institutionellen Diskurs

Künstlerische Forschung ist derzeit ein viel diskutiertes Thema an den Musikhochschulen in Deutschland. Dabei werden sowohl inhaltliche als auch institutionelle Fragen diskutiert. In diesem Vortrag möchte ich mich auf institutionelle Fragen und Herausforderungen konzentrieren. Wie unterscheiden sich künstlerische und wissenschaftliche Promotionsprogramme? Wie werden potenzielle Doktorand:innen im künstlerisch-wissenschaftlichen Bereich in ihrem bisherigen Studium auf die Promotion vorbereitet? Darüber hinaus bleibt die Frage, wie eine angemessene Betreuung von Promotionsvorhaben in einem Bereich gewährleistet werden kann, in dem viele potenzielle Betreuer:innen aus dem künstlerischen Bereich selbst nicht promoviert sind oder die wissenschaftlichen Betreuer:innen nicht unbedingt künstlerisch forschend tätig sind. Ich möchte auch darüber spekulieren, welche Rolle künstlerisch-wissenschaftliche Promotionen in Zukunft bei der Besetzung von künstlerischen Lehraufträgen an Hochschulen spielen werden.

Jan Philipp Sprick studierte Musiktheorie, Musikwissenschaft, Geschichte und Viola in Hamburg, an der Harvard University und an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er 2013 in Musikwissenschaft promovierte. Ab 2006 lehrte er Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Rostock und wechselte 2018 an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Nach seiner Tätigkeit als Vizepräsident für Studium und Lehre ist er seit 2022 Präsident der Hochschule.

15:25 Uhr: Stephanie Schroedter – Choreomusikalische Forschung als künstlerische Praxis – am Beispiel von György Ligetis 18 Études pour piano

Meine Überlegungen zur Verflechtung von Musik/Klängen und Tanz/Bewegungen beginnen mit einer Aussage des Komponisten und Schlagzeugers Lukas Ligeti, der der Auffassung ist, dass „alle Musik tanzbar ist, wenn man versteht, worum es in ihr geht“. Dies könnte im Einklang mit kognitionswissenschaftlichen Studien zur Musiktheorie stehen, die besagen, dass wir – spontan und intuitiv – Musik als eine unsichtbare und doch hörbare Bewegung in Raum und Zeit wahrnehmen. In diesem Zusammenhang sind auch György Ligetis Beschreibungen seines kompositorischen Prozesses aufschlussreich. Neben dem Hören und der Klangvorstellung legt Ligeti senior besonderen Wert auf einen sehr feinen Bewegungssinn – eine Sensomotorik, die auch Haptik und Taktilität einschließt. Eine solche unmittelbare Verbindung von Hören und Bewegen – letztlich ein kinästhetisch durchdrungenes Hören – ist auch für jene choreografischen Arbeiten wesentlich, die von musikalischen Vorlagen ausgehen, um diese künstlerisch und kreativ zu „übersetzen“. So werden beispielsweise in Elisabeth Schillings Choreografie Hear Eyes Move die 18 Études pour piano von György Ligeti analysiert. Bei solchen multisensorischen Übersetzungsprozessen kann es nicht primär darum gehen, Analogien zwischen musikalischen und tänzerischen Parametern herzustellen. Vielmehr geht es auch darum, die Unterschiede zwischen den verschiedenen Materialitäten und Medialitäten der Künste zu betonen, die sich sowohl überlagern (z.B. durch De-/Synchronisationsprozesse) als auch neu entstehen (z.B. durch Überlagerungen vergleichbarer Ausdrucksqualitäten). Ausgehend von dieser Prämisse sind bei der Analyse des Zusammenspiels von Musik und Tanz nicht nur die strukturelle Beschaffenheit von Komposition und Choreographie und deren Beziehungen von Interesse. Es stellen sich auch Fragen nach möglichen audiovisuellen, kinästhetischen oder sinnlichen Wahrnehmungen. Vor diesem Hintergrund kann die so genannte choreomusikalische Forschung – ob als künstlerische Praxis oder als theoretisch fundierte Analyse – um wahrnehmungsästhetische Reflexionen ergänzt und in Richtung einer Erforschung von Klang und performativer Bewegung erweitert werden.

Stephanie Schroedter, Musik- und Tanzwissenschaftlerin, ist Professorin für Musiktheorie und Bewegung/Rhythmik an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, wo sie auch am künstlerischen Doktoratsstudium beteiligt ist. Nach ihrer Promotion am Musikwissenschaftlichen Institut der Paris Lodron Universität Salzburg lehrte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Gast- und Vertretungsprofessorin für Musikwissenschaft, Tanzwissenschaft sowie Theater-/Performance- und Medienwissenschaft und arbeitete in mehreren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Forschungsprojekten. 2015 erhielt sie die „venia legendi“ („venia docendi“) für Musik- und Tanzwissenschaft an der Freien Universität Berlin (2015). Ihr letztes Forschungsprojekt „Bodies and Sounds in Motion“ (gefördert von der DFG) beschäftigte sich mit Methoden zur Analyse der Verflechtung von Musik/Klang und Tanz/Bewegung in Performances des späten zwanzigsten und frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts.

15:50 Uhr: Michael Hirschbichler – Drecksarbeit / Dirty Work

Analoge Intelligenz Michael Hirschbichler plädiert in seinem Vortrag für Drecksarbeit als zeitgenössische Form der Kunst- und Weltgestaltung. „Inmitten von verseuchten Landschaften, bedeckt mit hartnäckigen Spuren und endlosen Ansprüchen und Ideologien, mit Hoffnungen, Träumen, Ängsten und Geschichten, mit Abfall, Abfall, Abfall, ist alle Kunst und alles Leben Drecksarbeit. Anstatt neue Versprechungen und Schadstoffe hinzuzufügen, wäre es nicht sinnvoll, herauszufinden, was mit all denen zu tun ist, die schon da sind und die nicht einfach verschwinden werden? Anstatt von vorne anzufangen, befasst sich Drecksarbeit mit der angesammelten Vergangenheit und den versuchten und gescheiterten Zukünften. Sie setzt sich mit den Überresten, Fragmenten und Trümmern von Dingen, Ideologien und Leben auseinander, mit den Fakten und Fiktionen, die jeden Fleck auf der Erde heimsuchen, mit den vielen Geistern, die es gibt und die nach einer Auseinandersetzung verlangen.“

Zitiert nach: Michael Hirschbichler, „Drecksarbeit / Dirty Work. A Manifesto“, in IKA Rewview Summer 2022 (Wien: IKA, Akademie der bildenden Künste Wien), 20.

Michael Hirschbichler ist ein transdisziplinär arbeitender Künstler zwischen Architektur und Anthropologie – mit seinem Büro Atelier Hirschbichler und als Professor für Design und experimentelle Gestaltung an der HafenCity Universität Hamburg. In seiner Arbeit und Forschung untersucht er die Verbindungen zwischen Räumen und Weltanschauungen. Mit einem Ansatz, den er „dirty work“ nennt, setzt er sich mit Orten, Landschaften und Umgebungen sowie den damit verbundenen Geschichten, Erinnerungen, Mythen und Ideologien auseinander. Indem er das Vorhandene kritisch untersucht und sowohl materielle als auch immaterielle Aspekte, Fakten und Fiktionen miteinander verbindet, versucht er, ein mögliches situiertes Weltbild unserer Zeit zu konstruieren. Michael Hirschbichler war Dozent an der ETH Zürich und der HSLU Luzern, Leiter des Architekturprogramms an der Papua New Guinea University of Technology, Gastprofessor an der Akademie der bildenden Künste Wien und Postdoc an der TU Delft, Goldsmiths und Aarhus University. Er war Artist-in-Residence an der Deutschen Akademie Villa Massimo in Rom, dem YARAT Contemporary Art Space in Baku, der Cité internationale des arts in Paris, der Stiftung Binz39 in Zürich, der Villa Kamogawa (Goethe Institut) in Kyoto und SACO (Goethe Institut und Institut Français) in Antofagasta. Seine Arbeiten wurden unter anderem im Martin-Gropius-Bau (Berlin), artQ13 (Rom), Kunstverein Ingolstadt, Haus der Architektur HDA (Graz), Helmhaus (Zürich), Kunstmuseum Wolfsburg und Het Nieuwe Instituut (Rotterdam) gezeigt.

16:15 Uhr: Maria Lindeman – Kollaborative und explorative Prozesse in der Oper

Maria Lindemans Forschung konzentriert sich auf artistic leadership und die besonderen Fähigkeiten, die für interdisziplinäre und kollaborative kreative Prozesse erforderlich sind. In Workshops und Performances erforscht Lindeman, wie neue Technologien und Improvisation innovative Praktiken in der Oper inspirieren können. Ziel ist es, neue Ausdrucksformen und Arbeitsmethoden in diesem Bereich zu entdecken und gleichzeitig zu analysieren, welche Aspekte der Führung und Zusammenarbeit den Weg für diese Alternativen ebnen. In ihrem Vortrag untersucht Lindeman die interdisziplinäre Zusammenarbeit anhand des Konzepts der „künstlerischen Intelligenz“, das sich auf das umfangreiche implizite Wissen bezieht, das Künstler:innen in sich tragen und in der Praxis anwenden. In den letzten zwei Jahren hat Lindeman an zwei künstlerischen Projekten gearbeitet, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und neue Technologien einbeziehen. Sie wird praktische Beispiele aus diesen Prozessen und deren künstlerische Ergebnisse vorstellen. Beide Projekte beinhalten interaktive audiovisuelle Technologie, einschließlich Hologramm-Projektionen.

Maria Lindeman ist Regisseurin, Dramaturgin, Schauspielerin und Pädagogin im Bereich der darstellenden Künste. Ihre Arbeit umfasst auch Kunstmanagement und Unternehmertum. Derzeit promoviert sie an der Stockholmer Universität der Künste im Bereich zeitgenössische Opernregie, mit besonderem Schwerpunkt auf der Rolle des Regisseurs in interdisziplinären und kollaborativen kreativen Prozessen unter Einbeziehung interaktiver Technologien.

16:45 Uhr: Kaffeepause | Küche
17:50 Uhr: Workshop: Pavlos Antoniadis - Human and AI synergies for the embodiment of complex rhythm | Production Lab

Foto: Giorgos Skitzakos

Pavlos Antoniadis ist Pianist, Musikwissenschaftler und kreativer Technologe aus Korydallos, Athen, Griechenland. Derzeit ist er außerordentlicher Professor für Musikkommunikation und Technologie an der Universität Ioannina, Griechenland, Forschungsmitarbeiter des Teams ismm und des ERC REACH am IRCAM, Paris, sowie Doktorvater und Gastprofessor für künstlerische Forschung an der Universität Lund, Malmö.

Er konzertierte in Europa, Nord- und Südamerika und Asien mit den Ensembles für Neue Musik Work in Progress-Berlin, Kammerensemble Neue Musik Berlin, Phorminx, ERGON, Accroche Note und Contemporary Inisghts. Als Solist trat er mit dem Staatlichen Symphonieorchester Thessaloniki auf, arbeitete mit Komponisten wie Mark Andre, Helmut Lachenmann, Brian Ferneyhough, Wolfgang Rihm, Tristan Murail, Richard Barrett, Walter Zimmermann und Wieland Hoban zusammen und brachte Soloklavierwerke von James Erber, Nicolas Tzortzis, Andrew R. Noble, Luis Antunes Pena, Dominik Karski, Laurentiu Beldean, Lula Romero, Uday Krishnakumar, Irene Galindo Quero, Frank Cox, Michael Edward Edgerton und anderen. Er machte Aufnahmen für Mode (2015 Deutscher Schallplattenkritikpreis), Wergo und Diatribe Records.

Seine Forschungsinteressen umfassen embodied cognition, Komplexität, Verkörperung, Multimodalität, sensorbasierte interaktive Technologien, maschinelles Lernen, künstliche Intelligenz, erweiterte und virtuelle Realität und Biopolitik, mit einem Schwerpunkt auf technologiegestütztem Lernen und Performance für Musik des 20. und 21. Jahrhunderts. Er ist Autor zahlreicher Publikationen, darunter zwei demnächst erscheinende Monographien im Wolke Verlag und bei EUR-ArTeC sowie ein Sammelband über die Musik von Anestis Logothetis, und hat über siebzig Vorträge an Universitäten und Forschungszentren auf der ganzen Welt gehalten, während er gleichzeitig eine aktive Karriere als Musiker verfolgt.

13:30 - 19:00 Uhr: Installation: Enrico Dorigatti - hyperobject::01 | Flur 9. Stock
Die moderne Technologie existiert als Hyperobjekt; sie ist unermesslich groß und komplex – ihr schieres Ausmaß übersteigt unsere Fähigkeit, ihre Komplexität jemals vollständig zu erfassen. Sie ist allgegenwärtig und breitet sich ständig aus. Sie umfasst riesige Netzwerke von Geräten, Software und digitalen Infrastrukturen, die unsere moderne Welt untermauern. Durch das Zusammenspiel von abstrakten Bildern und Klängen, die in der postdigitalen und Glitch-Ästhetik beheimatet sind und durch generative und algorithmische Techniken realisiert werden, zielt hyperobject::01 darauf ab, unser Verständnis dieses komplexen Phänomens zu erforschen – unsere Grenzen der Realität und der menschlichen Wahrnehmung mit komplexen Konzepten wie Daten – und das Publikum dazu einzuladen, über die Weite der Welt, die wir bewohnen, und unseren Platz in ihr, sowohl physisch als auch metaphorisch, nachzudenken und zu reflektieren, während die Technologie jeden Tag allgegenwärtiger und unersetzlicher wird.

Enrico ist ein Klangkünstler und kreativer Technologe, der in verschiedenen Formaten arbeitet. Sein besonderes Interesse gilt der künstlerischen Erforschung von Indeterminismus, audiovisueller Interaktion, generativen Systemen und der gemeinsamen Handlungsfähigkeit von Menschen und Maschinen. Er ist Absolvent der Musikhochschule in elektroakustischer Musikkomposition (BA und MA). Sein künstlerisches und wissenschaftliches Werk wurde international präsentiert.

 

Konzertprogramm, ab 20:00 Uhr im production lab
Lecture Performance: Yuri Matsuzaki - Die Wiederentdeckung von Brian Ferneyhough's Carceri d’Invenzione 2c
Ziel dieser Lecture Performance ist es, Entschlüsselungs-, Proben- und Aufführungsstrategien für Ferneyhoughs Musik mit Hilfe neuer Technologien zu erforschen und zu aktualisieren und insbesondere das Stück „Carceri d’Invenzione 2c“ neu zu entdecken. Brian Fernyhoughs Werke umfassen Solostücke für die gesamte Instrumentengruppe der Flöte. Seine einzigartigen Partituren können als multimodale Plattformen betrachtet werden. Sie laden die Interpret:innen dazu ein, eine Vielzahl von Interpretationsstrategien zu entwickeln und unterschiedliche klangliche Ergebnisse zu erzielen. Allerdings fällt es den Ausführenden oft schwer, sich von den interpretatorischen Traditionen und Gewohnheiten früherer westlicher Musikstile zu lösen. Dies ist eine kritische Situation: Ferneyhoughs Partituren enthalten so viele Informationen, dass ihre Entschlüsselung nicht nur eine Frage der persönlichen Interpretation ist, sondern eine umfassendere Reflexion über die interpretatorische Umsetzung zeitgenössischer Musik auf der Grundlage neuer ästhetischer Ansätze und Technologien ermöglicht. Ferneyhoughs Zyklus Carceri d’Invenzione wurde zwischen 1981 und 1986 komponiert. Das Flötenkonzert Carceri d’Invenzione 2a stellt das Herzstück des Zyklus dar. Angesichts seiner Popularität fertigte Ferneyhough drei Bearbeitungen mit reduzierter Instrumentierung an. Das Arrangement Carceri d’Invenzione 2c für Flöte und Tonband wurde jedoch aufgrund seiner mangelnden Sichtbarkeit und Zugänglichkeit bei Aufführungen und Aufnahmen sträflich vernachlässigt. Die bisher einzig existierende Partitur – ein handschriftliches Manuskript – kann nur vor Ort in der Paul Sacher Stiftung in Basel eingesehen werden.

Im Rahmen meines Promotionsstudiums habe ich daher beschlossen, die Partitur zu kopieren und zu übertragen sowie die Aufzeichnung zu aktualisieren. Das Tonband wird mit der Software „PolytempoNetwork“ und „Max“ von ICST synchronisiert, wodurch Click-Track, Kabel und Kopfhörer überflüssig werden. Dies gibt nicht nur den Künstler:innen mehr Bewegungsfreiheit, sondern verbessert auch das Hörerlebnis für das Publikum erheblich. Die Präsentation des Stücks bei „ArtSearch 2024“ wird ein Meilenstein sein, da es die erste Aufführung dieses Werks in Deutschland seit 1987 sein wird.

Die japanische Flötistin Yuri Matsuzaki genießt in der internationalen Musikszene hohes Ansehen und hat zahlreiche erste Preise bei Wettbewerben gewonnen, darunter den Internationalen Wettbewerb für zeitgenössische Musik in Karlsruhe, Deutschland. Yuri ist eine weltweit tätige Musikerin, die in ganz Europa und Ostasien aufgetreten ist. Sie war eingeladene Künstlerin bei Festivals wie Acht Brücken, den Wittener Tagen für Neue Kammermusik, den Darmstädter Ferienkursen, den Festivals ManiFeste in Ircam, Abbay de Royaumont, Gaudeamus Muziekweek, Witold Lutosławski und den Kyiv Contemporary Music Days. Als Ensemblemusikerin spielt Yuri regelmäßig mit dem Ensemble Modern in Frankfurt a.M. und Contemporary Insights e.V. in Leipzig. Yuri unterrichtet derzeit Aufführungspraxis für zeitgenössische Musik an der Hochschule für Musik Dresden und ist Doktorandin an der Kunstuniversität Graz. Sie erhielt Stipendien von verschiedenen Institutionen, darunter die Internationale Ensemble Modern Akademie, der DAAD und die Japan Agency for Cultural Affairs. Sie hat einen Bachelor-Abschluss von der Tokyo University of the Arts und absolvierte ihren Master-Abschluss und das Master Class Exam an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, wo sie bei Prof. Irmela Boßler studierte.

Lecture Performance: Martin Heinze - Saatgut Proxy
Seitdem KI-Modelle zu beliebten Werkzeugen für Kreative und Künstler:innen geworden sind, wird der Diskurs von der Frage nach der kreativen Handlungsfähigkeit der Menschen, die sie einsetzen, beherrscht. In der Regel scheint die Befürchtung zugrundezuliegen, dass der Einsatz von KI-basierter Technologie die Rolle des menschlichen Künstlers schmälert; ein zentrales Bestreben von Anwender:innen ist es, einen Weg zu finden, KI effektiv in einen kollaborativen kreativen Prozess zu integrieren, ohne den menschlichen Akteur aus der Gleichung zu entfernen. Mit dem Fokus auf KI in der Musik und im Audiobereich schlägt der Autor vor, dass ein Beispiel für einen gemeinsamen kreativen Akt von menschlichen und KI-Agenten in der Praxis des Latent Jamming zu finden ist, einer Kombination von Techniken zur Echtzeit-Intervention in den latenten Raum von VAE-Architektur-basierten Audiomodellen. Als Beispiel hat der Autor Saatgut Proxy entwickelt, einen experimentellen Aufbau in Pure Data, der sowohl randomisierte als auch wiederholbare Pfade durch den latenten Raum von zwei am IRCAM entwickelten neuronalen Audiomodell-Architekturen (RAVE, vschaos2) erzeugt. Diese Modelle wurden mit dem musikalischen Werk des Autors trainiert, um eine gemeinsame ästhetische Basis für beide am Latent Jamming beteiligten Agenten zu schaffen. Bei ArtSearch 2024 wird der Autor das oben erwähnte Framework live vorführen, optional gefolgt von einer Frage- und Antwortrunde zu den Details des Modelltrainings sowie Einblicken in praktische Forschungsbemühungen zur Zusammenarbeit von menschlichen und künstlichen Agenten in einem gemeinsamen kreativen Prozess.

Martin Heinze ist ein Klangkünstler, Komponist und elektronischer Musiker, der im Bereich der experimentellen elektronischen Tanzmusik und generativen Kunst arbeitet. Er hat einen Master-Abschluss in Medienkunst, Kunsttheorie und Medienwissenschaften von der Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe, Deutschland. Heinze schreibt und performt unter anderem unter den Künstlernamen Martsman, Anthone und Bokeh (in Zusammenarbeit mit Katsunori Sawa). Seine Werke wurden auf zahlreichen Labels für elektronische Musik veröffentlicht, darunter Hidden Hawaii, Offshore, Hospital und das von ihm selbst gegründete The Weevil Neighbourhood, ein kreatives Ventil für Musik und Medienkunst. Sein aktueller praktischer Forschungsschwerpunkt liegt auf generativen Frameworks für Jungle und Drum & Bass sowie auf generativer KI in Echtzeit-Audio/neuraler Audiosynthese. Seine Arbeiten wurden mit dem Generative Music Prize des IRCAM und dem Swing By Young Art Award ausgezeichnet. Heinze hält Vorträge über die gemeinsame Arbeit von Mensch und KI und über kreatives Handeln, zuletzt auf der Konferenz Storytellers+Machines, veranstaltet von SODA, Manchester und als Gastdozent an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Karlsruhe.

Lecture Performance: Nicola N. Hein - Tertiary Protentions
Tertiary Protentions ist das Soloprojekt von Nicola L. Hein, der mit künstlicher Intelligenz in einem Solo-Echtzeitformat arbeitet. Es entwickelt ein  Software-Musikagenten-System, das in der Lage ist, die musikalischen Gesten und Idiome menschlicher Musiker:innen in Echtzeit zu lernen.  Der menschliche und der maschinelle Musiker entwickeln ein integratives System von musikalischen Materialien und Handlungen, das verschiedene Handlungsschichten integriert.  Ihre Interaktionsweise ist durch „kybernetisches Hören“ gekennzeichnet, d.h. das Mensch-Maschine-System lauscht von sich aus auf Einflüsse,  Es schafft und stimuliert die Entstehung von Handlungsfähigkeit zwischen Mensch und Maschine. Dieses systemische Design ermöglicht ein Spiel zwischen Mensch und Maschine,  und nutzt das, was der große französische Technikphilosoph Bernard Stiegler „ teritary protentions “ genannt hätte:  Die Konzeption der Zukunft durch die Technik, die gleichzeitig die Konzeption der Technik selbst nutzt und in Frage stellt.

Nicola L. Hein ist Klangkünstler, Gitarrist, Komponist und Forscher im Bereich Musikästhetik und Kybernetik. Er ist Professor für digitale Gestaltung und künstlerischer Leiter des Studios für elektronische Musik an der Musikhochschule Lübeck.  Seine Arbeit ist geprägt vom Zusammenspiel von Klang, Raum, Licht, Bewegung und der entstehenden Dynamik ästhetischer Systeme. In seiner künstlerischen Arbeit verwendet er physische und elektronische Erweiterungen von Synthesizern und E-Gitarre, Klanginstallationen mit Motoren/Videoprojektionen/Licht, kybernetische Mensch-Maschine-Interaktion mit interaktiven A.I.-Musiksystemen, Augmented Reality, telematische Echtzeitkunst, ambisonische Klangprojektion, Instrumentenbau sowie konzeptionelle Kompositionen. Er arbeitet mit intermedial mit Videokunst, Tanz, Literatur und anderen Kunstformen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Künstler:innen aus Musik und Videokunst, Tanz, Theater, Literatur, Malerei u.v.m. spielt eine zentrale Rolle in seiner künstlerischen Arbeit. Mit Unterstützung des Goethe-Instituts und vieler anderer Institutionen wurden seine Arbeiten in mehr als 30 Ländern in Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien und Europa umgesetzt. Seine künstlerische Arbeit ist auf über 30 CD-, Tape- und Vinyl-Veröffentlichungen bei internationalen Labels wie Clean Feed dokumentiert. Für seine Arbeit wurde er mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet. In den Bereichen Klangkunst und improvisierte Musik hat er mit vielen international bekannten Künstlern zusammengearbeitet: Max Eastly, Evan Parker, Miya Masaoka, Axel Dörner, Ute Wassermann und vielen anderen. Seine Arbeiten wurden unter anderem beim MaerzMusik Festival (Berlin), Ars Electronica (Linz), Moers Festival, A L’ARME! FESTIVAL (Berlin), Super Deluxe (Tokio), Sonica Festival (Glasgow), Experimental Intermedia (New York), und vielen anderen präsentiert.

Pavlos Antoniadis: Hommage an Luigi Nono
Anlässlich des hundertsten Geburtstages von Luigi Nono kombiniere ich sein klassisches Werk für Klavier und Tonband mit einem neuen Werk von mir, das Nonos Techniken durch Live-KI-Tools und Multimedia erweitert und über Liu Cixins Hypothese des dunklen Waldes reflektiert.

 

 

Frequently Asked Questions

Datum? 24. Oktober (Beginn: 13.30 Uhr) bis 26. Oktober (Ende: 22.00 Uhr)

Ort? ligeti Zentrum, Veritaskai 1, 21079 Hamburg Harburg

Passive Teilnahme? Wie man sich als passive:r Teilnehmer:in anmeldet: Die Teilnahme als passive:r Teilnehmer:in ist für alle Interessierten auch ohne Anmeldung für Vortrag/Workshop/Musik möglich. Bitte melden Sie sich hier an.

Anmeldeschluss? Ist der 16. Oktober 2024

Satellitenkonzerte? Zwei Konzerte werden als Satellitenveranstaltungen im Resonanzraum Hamburg stattfinden. Alle Teilnehmenden müssen ihre eigenen Eintrittskarten erwerben (siehe Zeitplan). Bitte beachten Sie, dass diese Veranstaltungen nicht live oder online zu einem späteren Zeitpunkt besucht werden können.

Teilnahmebedingungen? Aktive und passive Teilnehmende zahlen eine einmalige Gebühr von 50 €. Die Gebühr dient hauptsächlich zur Deckung der Kosten für die Verpflegung. Eine Online-Teilnahme kostet 30 €.

Teilnahmebedingungen für Studierende? Es wird keine Teilnehmendengebühr erhoben. Lediglich für die Verpflegung während des Symposiums ist ein Unkostenbeitrag von 10 € zu entrichten.

Anreise und Unterkunft? sind von den Teilnehmern oder ihren Einrichtungen zu finanzieren. Ein Kontingent an Hotelzimmern wird reserviert und zurückgehalten (bitte auf dem Anmeldeformular ankreuzen).

Kontakt: artsearch@hfmt-hamburg.de

Details

Datum:
24. Oktober 2024
Zeit:
13:30 -22:00
Veranstaltungskategorien:
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Veranstaltung-Tags:
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Veranstaltungsort

ligeti zentrum
Veritaskai 1
Hamburg-Harburg, 21079 Deutschland
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