März – April 2025:
Moisés Horta Valenzuela

Moisés Horta Valenzuela (geb. 1988) ist Künstler, KI-Technologe und Musiker aus Tijuana, Mexico, der in Berlin lebt und sich mit Computermusik und kulturellen Aspekten generativer Computation beschäftigt. Seine Arbeit verschmilzt alte und zeitgenössische Klangtechnologien und erforscht transkulturelle Traditionen sowie Wahrsagerei. Seine Werke wurden unter anderem im Sound Art Lab (Struer, Dänemark), auf dem Ars Electronica (Linz, Österreich), auf dem MUTEK Montréal (Kanada) und in der BUNKER Gallery Copenhagen (Dänemark) ausgestellt. Im Jahr 2023 wurde er von der Deutschen Gesellschaft für Informatik als „A.I. Newcomer 2023“ ausgezeichnet. Zu seinen bemerkenswerten Projekten gehören SEMILLA AI und „Polylithic“. Darüber hinaus ist Moisés auch im Bildungsbereich tätig. Zuletzt absolvierte er eine Gastprofessur an den Tangible Music Labs der Universität Linz (Österreich) und im Master of Science in Digital Arts an der Universität LaSalle (Barcelona, Spanien).
Online finden sich Informationen über Moisés’ Arbeit im Bereich der Computermusik und zu SEMILLA AI.
At the Edge of Chaos
„At The Edge of Chaos“ ist ein künstlerisches Forschungsprojekt, das die Instabilitäten unserer heutigen Welt durch Klang, chaotische Systeme und generative künstliche Intelligenz widerspiegelt. Das Projekt untersucht, wie Systeme ihre Funktionalität bewahren und sich gleichzeitig an Störungen anpassen können – ein Spiegelbild unserer kollektiven Erfahrung in Zeiten des Klimawandels, der politischen Polarisierung und der wirtschaftlichen Unsicherheit.
Indem das Werk das empfindliche Gleichgewicht zwischen Ordnung und Unordnung klanglich manifestiert, lädt es die Zuhörer:innen ein, über Resilienzstrategien nachzudenken. Das künstlerische Ziel geht über die technische Innovation hinaus und fragt, wie wir uns diesen Grenzbereich zwischen Stabilität und Chaos aneignen können, um möglicherweise neue soziale Dynamiken zu entdecken, die auf die wachsenden Herausforderungen unserer Zeit reagieren können.

Der Forschungsgegenstand
Im Mittelpunkt des Projekts steht die Kombination zweier Technologien: die am ligeti zentrum angewandte Impulse Pattern Formulation (IPF) und die neuronale Audiosynthese durch RAVE (Realtime Audio Variational AutoEncoder). Das IPF-System kann je nach den Ausgangsbedingungen entweder geordnetes oder chaotisches Verhalten erzeugen und eignet sich daher perfekt zur Erforschung des Grenzzustands, der als „the Edge of Chaos“ bezeichnet wird. Besonders spannend ist das entstehende Zusammenspiel, bei dem das System weder vollkommen zufälliges noch strikt geordnetes Verhalten zeigt.
Das Projekt nutzt die IPF, um den „latenten Raum“ neuronaler Netzwerke von RAVE (die interne Repräsentation von Klängen) zu steuern. Dadurch entsteht ein dynamisches Audiosignal, das ein Gleichgewicht zwischen Vorhersagbarkeit und unvorhersehbaren Elementen herstellt.
Dieses Projekt wurde auf Initiative von Simon Linke (InnoLab) möglich gemacht, der die IPF ebenfalls in seiner Forschung anwendet. Durch enge Zusammenarbeit wird die Präzision aufrechterhalten, die für die Abbildung der mathematischen Dynamik in sinnvolle klangliche Ausdrücke in generativen Black-Box-KI-Systemen erforderlich ist.
Die musikalischen Ausdrucksformen, die dieses System hervorbringt, lassen sich als Metaphern für gesellschaftliche Muster begreifen. Sie legen nahe, dass ein Zustand an der Schwelle – weder streng geordnet noch völlig dysfunktional – eine nachhaltige Zukunft in einer sich stetig wandelnden Welt ermöglichen könnte.