Computer Music Lab:
György Ligeti, Computermusik und das ligeti zentrum
Vor mehr als 50 Jahren brachte der ungarisch-österreichische Komponist György Ligeti eine visionäre Idee nach Hamburg: Inspiriert von seinem Aufenthalt an der Stanford University setzte er sich für die Gründung eines Computermusikinstituts in Hamburg ein. Diese Vision greift das ligeti zentrum in seinen Grundfesten heute auf.
György Ligeti war eine Künstlerpersönlichkeit mit vielen Interessen. Der österreichisch-ungarische Komponist zählt zu den bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. In Hamburg, wo er von 1973 bis 1989 an der heutigen Hochschule für Musik und Theater Hamburg (HfMT) als Professor für Komposition tätig war, prägte er eine Schar von Komponist:innen. Unmittelbar nach dem Antritt seiner Professur taten sich György Ligeti und Werner Krützfeldt zusammen, um die Idee eines Instituts für Computermusik in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Informatik der Universität Hamburg zu entwickeln. Werner Krützfeldt, der seit Ende der 1960er Jahre als Professor für Musiktheorie und von 1990 bis 1996 zudem als Vizepräsident der Hochschule tätig war, zeigte über sein großes Engagement für die Neue Musik hinaus auch einen unermüdlichen Einsatz für die Idee eines Computermusikinstituts. Um diese interdisziplinäre Idee nun in Hamburg zu realisieren, legten beide nicht nur viel Überzeugungsarbeit an den Tag, sondern suchten, nicht selten auf „Irrwegen“, unerbittlich nach Mitstreiter:innen aus den verschiedensten Fachbereichen.

Team
Michel Blümel
Michel Blümel studierte von 2015 bis 2023 Musik und Geografie auf Lehramt an der HfMT Hamburg und der Universität Hamburg. Am ligeti zentrum ist er Teil der Agentur für Vermittlung und gesellschaftliche Teilhabe und beschäftigt sich dort insbesondere mit dem Zugang zu kulturellen Angeboten für Familien und Kindern.
Zudem fungiert er als Schnittstelle zum Institut für Schulmusik an der HfMT Hamburg. Seine musikalische Heimat hat Michel auf der Tuba gefunden, die sein Hauptinstrument im Studium war.
PD Dr. Fabian Czolbe
Dr. Fabian Czolbe (*1981) ist habilitierter Musikwissenschaftler mit Forschungsschwerpunkten in der Musik und dem Musiktheater des 20./21. Jahrhunderts, der elektronischen Musik, der Klangkunst/Klangperformance, der Musikästhetik, der Notation sowie kompositorischen Schreib- und Schaffensprozessen in der Musik. Als Dramaturg wirkte er an Musiktheaterprojekten mit, schreibt für Musikmagazine und entwickelt für die akademische Lehre und Museen multimediale Vermittlungskonzepte.
Nadine Schwalb
Nadine Schwalb studierte zunächst Germanistik und BWL in Mannheim und Schweden, später Philosophie und schloss schließlich ihren Master in Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg ab. Sie ist kreativer Kopf und Mitbegründerin des feel.jazz Festivals, das einmal jährlich in Hamburg stattfindet. Freiberuflich leitete in den letzten Jahren diverse Produktionen, darunter das Chopin Festival Hamburg und den Gerhard Trede-Preis für Arrangement und Komposition und war in verschiedenen Funktionen haupt- und ehrenamtlich für den Verein Gängeviertel e.V. tätig. Sie versteht sich als Ermöglicherin, neben etablierten auch subversiven und experimentellen Kunst- und Kulturformen eine Bühne zu bieten. Seit April 2024 leitet sie die Agentur für gesellschaftliche Teilhabe und Vermittlung des ligeti zentrums und hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit niedrigschwelligen Formaten einen Zugang zu den dort angesiedelten vielseitigen Projekten zu ermöglichen.
Ein Institut für
Computermusik in Hamburg
Ausschlaggebender Impuls für Ligetis Bestrebungen war ein Besuch der US-amerikanischen Stanford University im Jahr 1972. Als Composer in Residence lernte er hier nicht nur den Komponisten John Chowning kennen, sondern auch das Stanford Artificial Intelligence Laboratory (SAIL), eins der damals führenden Computerzentren. Leland Smith, John Chowning und andere zeigten György Ligeti die Möglichkeiten digitaler Klangerzeugung und der Verräumlichung von Computermusik. Die institutionellen Strukturen des Stanforder Computer Music Labs wollte er anschließend für ein ähnliches Institut mit nach Hamburg bringen.
Während diese Vision eines interdisziplinären Instituts für Kunst und Forschung zu Lebzeiten György Ligetis unrealisiert blieb, knüpft das 2023 eröffnete ligeti zentrum an diese Gedanken an – und widmet sich zugleich den Fragestellungen und Herausforderungen der Gegenwart. Die über 50 Jahre zurückreichende Ideengeschichte des ligeti zentrums, die konkreten Bemühungen György Ligetis und Werner Krützfeldts sowie die Gründe für die einst gescheiterten Pläne werden nun erstmals aufgearbeitet und zugänglich gemacht.

Aus dem Archiv
zurück in den Diskurs
Wie hätte das von György Ligeti und Werner Krützfeldt angestrebte Institut für Computermusik ausgesehen? Wie gingen die beiden Musiker vor? Wer waren ihre Verbündeten? Wie dachten die Menschen in den 1970er-Jahren über die Potentiale und Risiken des Computers? Und warum scheiterten die Pläne schlussendlich?
Ausgangsimpuls für die musikhistorische Betrachtung des angestrebten Instituts für Computermusik und Forschung bot unter anderem ein Organigramm György Ligetis, das sich im Archiv der Paul Sacher Stiftung in Basel befindet. Bestehend aus vier aneinandergeklebten, mit Schreibmaschine beschriebenen und handschriftlich ergänzten Blättern, zeigt das Dokument des Komponisten, welche Personen oder Personenkreise innerhalb und außerhalb der Hochschulen für das Projekt mit einzubeziehen waren. Darüber hinaus fanden sich im Nachlass György Ligeti eine Vielzahl von Quellen. Neben Texten zu unterschiedlichen Technologien, zur Ästhetik, zur praktischen Anwendung oder zu gesellschaftspolitischen Diskursen erweitern dieses Feld auch persönliche Briefe und Notizen György Ligetis. All diese verschiedenen Dokumente zeigen eindrücklich, welch facettenreicher Denkraum sich um diese Institutsidee in der Person György Ligeti nachzeichnen lässt.


Für Medienschaffende:
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