Eine Reihe von Veranstaltungen in Köln und Hamburg in Gedenken an das Werk des Komponisten Clarence Barlow.
Das vom Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln kuratierte Programm am 29. Juni finden Sie hier.
Clarence Barlow war ein führender Protagonist der algorithmischen Komposition und ein Pionier des Einsatzes von Computern in der Musikkomposition und verwandten Bereichen. Sein breit gefächertes Schaffen als Komponist, interdisziplinärer Forscher, Autor und Softwareentwickler gibt Anlass, verschiedene Facetten seines musikalischen und theoretischen Schaffens zu beleuchten. In zwei Konzerten werden instrumentale und elektronische Werke aus verschiedenen Schaffensphasen aufgeführt. Zwei Symposien widmen sich verschiedenen künstlerischen und wissenschaftlichen Aspekten von Barlows Werken und bieten persönliche Einblicke in Barlows Leben und Lehre. Während es in Köln um strukturelle und semantische Ebenen aus linguistischer und musikwissenschaftlicher Sicht, sowie um um interpretatorische Herausforderungen in Barlows Werken geht, liegt in Hamburg der Schwerpunkt auf klanglichen, musiktheoretischen und kompositorischen Aspekten.
Barlow verstarb im Juni 2023 im Alter von 77 Jahren. Er war bekannt für seine Pionierarbeit auf dem Gebiet der Computermusik und der computergestützten Musiktheorie. Er legte den Grundstein für den musikalischen Konzeptionalismus und seine eigene Richtung: des Spektralismus. Sein außergewöhnlicher Humor (zu dem zahllose Variationen seines eigenen Namens gehören) war tief verwurzelt in seinem ausgeprägten Sinn für Sprache und semantische Mehrdeutigkeit. Er wurde am 27. Dezember 1945 in Kalkutta in eine katholische und englischsprachige Enklave hineingeboren, wurde in westlicher klassischer Musik ausgebildet und kam erst mit 18 Jahren mit der klassischen indischen Musiktradition in Berührung.
Als Pianist ausgebildet, begann Barlow im Alter von 11 Jahren zu komponieren und entdeckte im Alter von 15 Jahrendurch die Angebote des örtlichen Goethe-Instituts die zeitgenössische Musik. Mit einer Begabung für Mathematik und Astrophysik erlangte er einen Bachelor-Abschluss in Naturwissenschaften, unterrichtete aber auch Musiktheorie am Konservatorium von Kalkutta, bis er 1968 nach Köln zog, um bei Bernd Alois Zimmermann und, nach dem Tod seines Lehrers 1970, bei Karlheinz Stockhausen zu studieren.
Clarence Barlow lehrte ab 1982 bei den Darmstädter Ferienkursen. Außerdem unterrichtete er ab 1984 Computermusik an der Musikhochschule Köln und hatte ab 1990 mehrere Positionen am Königlichen Konservatorium in Den Haag inne. Von 2006 bis 2019 war er Corwin Professor und Leiter des Fachbereichs Komposition an der University of California, Santa Barbara. Barlow begann 1971 mit dem Komponieren am Computer und entwickelte komplexe Software für algorithmische Komposition und Musikanalyse. Er hat rund 70 Instrumental- und Vokalwerke und etwa 35 elektronische, elektroakustische und multimediale Werke geschaffen. Sein künstlerisches Schaffen wird von zahlreichen Text- und Buchveröffentlichungen als Autor und Herausgeber begleitet. Barlow war Mitglied des Kölner Feedback Studio Verlags und Mitbegründer der Initiative Musik und Informatik Köln – GIMIK e.V.
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Georg Hajdu, geboren 1960, ist ein deutscher Komponist und Professor. Nach seinem Studium der Molekularbiologie und Komposition in Köln sowie der Computermusik am Center for New Music and Audio Technologies (CNMAT) der UC Berkeley promovierte er 1994. Zusammen mit dem Librettisten Thomas Brasch schrieb er die Oper Der Sprung – Beschreibung einer Oper. Im Mai 2002 wurde seine vernetzte Performance-Umgebung Quintet.net in einer Multimedia-Oper auf der Münchner Biennale für zeitgenössische Oper eingesetzt. Im selben Jahr wurde er als Professor für Multimedia-Komposition an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg (HfMT) berufen, wo er 2004 den ersten Masterstudiengang für Multimedia-Komposition in Deutschland und 2012 das Zentrum für mikrotonale Musik und Multimedia (ZM4) gründete. Im Jahr 2010 war er Artist in Residence am Goethe-Institut in Boston und Gastprofessor an der Northeastern University. Darüber hinaus war er an einer Reihe von nationalen und internationalen Projekten beteiligt, wie dem Projekt CO-ME-DI-A im Rahmen von Kultur 2007, und ist Gründungsdirektor des ligeti zentrums.
Richard Barrett (Swansea, 1959) ist ein Komponist und Interpret von Musik, dessen Werk sowohl komplex strukturierte Kompositionen als auch freie Improvisationen umfasst, die oft in enger Nachbarschaft zueinanderstehen. Er gehört zum Lehrkörper des Instituts für Sonologie in Den Haag und der Universität Leiden und ist Autor zweier Bücher, Music of Possibility und Transforming Moments (Vision Edition 2018 und 2023).
Der kanadische Komponist ukrainischer Abstammung Marc Sabat (*1965) lebt seit 1999 in Berlin. Er komponiert Stücke für Konzerte und Installationen und lässt sich dabei von seinen laufenden Forschungen über den Klang und die Wahrnehmung der mikrotonalen rationalen Intonation (JI) inspirieren. Als Komponist weitgehend Autodidakt, studierte Sabat Violine an der University of Toronto, an der Juilliard School in New York und Computermusik an der McGill University und arbeitete privat u.a. mit Malcolm Goldstein, James Tenney und Walter Zimmermann. Mit Wolfgang von Schweinitz entwickelte er die Erweiterte Helmholtz-Ellis JI-Tonhöhen-Notation und ist ein Pionier der in JI geschriebenen und aufgeführten Instrumentalmusik. Sabats Werke werden international präsentiert, sind online verfügbar und in zahlreichen Ausgaben veröffentlicht. Er lehrt Komposition sowie Theorie und Praxis der Intonation an der Universität der Künste Berlin und ist derzeit Doktorand an der Sibelius-Akademie Helsinki. Zusammen mit seinen Kolleginnen Catherine Lamb und Rebecca Lane hat er 2019 das Harmonic Space Orchestra mitinitiiert.
Lucie Nezri ist eine Komponistin, Künstlerin und Performerin, die in Hyères (FR) geboren wurde und derzeit in Den Haag (NL) lebt. In ihren Stücken kombiniert sie algorithmische Kompositionstechniken, die auf Wahrscheinlichkeiten basieren, mit einem Fokus auf Harmonie und Stimmung. Nezri ist auch besonders daran interessiert, verschiedene Versionen ihrer Stücke anzufertigen und zu erforschen sowie algorithmische Stücke anderer zu rekonstruieren, um diese Werke aus verschiedenen Blickwinkeln zu verstehen und zu betrachten.
Bernd Härpfer ist Komponist, Kunstforscher und Softwareentwickler. Studium der Komposition und Musikforschung am Institut für Sonologie, Den Haag und an der Universität zu Köln. Studien in algorithmischer Komposition bei Clarence Barlow. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am IMWI, Hochschule für Musik Karlsruhe. Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gastdozent an verschiedenen Universitäten und Instituten in Deutschland, USA und Korea. Vorstandsmitglied der Initiative Musik und Informatik Köln – GIMIK e.V.
Juan Sebastián Lach Lau
Seine instrumentale und elektronische Musik verbindet generative algorithmische und interaktive Prozesse, mikrotonale harmonische Erkundungen und Transformationen, die auf verschiedene Musiken anspielen. Er tritt mit elektronischen Medien auf und komponiert in Zusammenarbeit mit Ensembles und Solisten. Er hat einen Doktortitel in künstlerischer Forschung und einen Master- und Bachelor-Abschluss in Komposition, nachdem er bei Clarence Barlow studiert hat. Er war Keyboarder der Rockgruppe Santa Sabina, mit der er 6 Alben aufnahm. Derzeit unterrichtet er an der ENES Morelia, UNAM, Mexiko.
Purva Gujar-Kale, technische Produktmanagerin und Ingenieurin bei Dolby Labs, hat zum Ingenieurteam des Dolby Atmos Cinema Sound System beigetragen, das bei den technischen Oscars 2024 mit einem Academy Award ausgezeichnet wurde. Sie hat einen Bachelor of Engineering in Elektronik und einen Master und Doktor in Medienkunst und -technologie von der University of California Santa Barbara. Sie ist Mitbegründerin der ICMA Foundation, die sich für die Erhaltung der klassischen indischen Musik einsetzt.